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View Full Version : Unsere Erfahrungen mit grafischer Oberfläche (Teil 1)



dschroeder
06-05-13, 17:44
Hallo liebe Forumsteilnehmer,

ich komme heute mal nicht mit einer Frage zu euch, sondern ich möchte mal einen kurzen Zwischenbericht darüber abgeben, wie sich bei uns die Einführung einer browserbasierten Anwendungsgestaltung auf der iSeries entwickelt hat. Ich möchte explizit betonen, dass ich hier keine Werbung für das bei uns eingesetzte Produkt machen will und dass mich auch kein Lieferant gebeten hat, hier etwas zu schreiben! Ich bin aber ziemlich sicher, dass sich viele für das Thema interessieren. Deshalb hier unsere bisherigen Erfahrungen in Kurzform:

Wir haben vor einem Jahr die Software ProfoundUI gekauft. Damit lassen sich browserbasierte Oberflächen mit RPGLE programmieren. Zusätzlich haben wir "Genie" (ebenfalls von Profound) gekauft. Das ist quasi eine browserbasierte Emulation. Wenn man Genie einsetzt, kann man normale Green Screen Masken und neue ProfoundUI Masken problemlos mischen.

Der Grundeinstieg ist wirklich sehr einfach. Im Prinzip arbeitet man in RPGLE weiterhin so, wie man es mit DDS-Bildschirmdateien auch tun würde. Nur werden die Masken nicht im SDA entworfen, sondern mit dem sogenannten Visual Designer. Der Designer erzeugt letztendlich eine DDS-DSPF. Das RPG-Programm verarbeitet dann diese DSPF. Der Sourcecode der DDS ist allerdings nicht sinnvoll zu lesen und kann natürlich auch nicht mit SDA sinnvoll interpretiert werden. Statt SDA muss man eben immer den Visual Designer bemühen, wenn man eine DSPF wieder editieren will.

Ich muss wirklich sagen, dass der Zugang zum Visual Designer echt problemlos war. Wir haben kurz nach dem Kauf ein kleines Projekt (ein paar Wochen Entwicklung) durchgezogen. Die Software läuft sehr stabil. Genauso wie wir es von RPG und Green Screen gewohnt sind. Die Entwicklung hat prinzipiell nicht länger gedauert, als wenn wir das ganze im Green Screen gemacht hätten. Ich sage "prinzipiell", weil wir uns natürlich für die neue Art der Darstellung erstmal eine Reihe von Tools erstellt haben. Das haben wir vor Jahren natürlich auch für den Green Screen gemacht. (Z.B. ein Tool, mit dem man einen Text per Window anzeigen kann). Wir hätten das eigentlich nicht machen müssen. Man kann aus einer Profound-Maske einfach ein normales Green Screen Programm aufrufen. Funktioniert einwandfrei. Allerdings ist es designmäßig doch ein ziemlicher Bruch, wenn man ein natives grafisches Programm mit einem Window aus DDS beglückt.

Also alles super?
Jein. Anfangs hatte das Produkt doch zahlreiche Kinderkrankheiten, die zwar nie gravierend waren, aber die lästig waren. Jetzt (ca. 30 Updates später) ist es eine ziemlich runde Sache. Die Updates, die in letzter Zeit geliefert werden, bringen hauptsächlich neue Funktionalität anstatt nur Fehler zu fixen.

Die eigentlichen Probleme, die wir mit ProfoundUI haben, liegen nicht direkt im Produkt begründet. Wir haben inzwischen erkannt, dass es nicht trivial ist, einfach einen visuellen Designer zu nehmen und hübsche Masken zu malen. Die Arbeit, die man sich vor Jahren im Greenscreen Bereich gemacht hat (wie sehen Masken standardmäßig aus, wie kann ein Anwender das am besten bedienen, ...) muss man sich noch einmal machen. Man kann die bisherigen Green Screen Bedienkonzepte nicht einfach auf eine grafische Maske übertragen. Z.B. haben wir bisher viel mit programmgesteuerten Subfiles gearbeitet. In einer grafischen Oberfläche erwartet man aber, dass man z.B. die Sortierung der Spalten einfach durch Doppelklick auf den Spaltenkopf ändern kann. Das kann ProfoundUI zwar automatisch. Aber dazu muss man die Subfile vorher komplett füllen. Also eine systemgesteuerte Subfile verwenden.

Ein weiteres Problem ist die Browserdarstellung. Ich hätte es vorher nicht für möglich gehalten, dass jeder Browser soviele Eigenarten besitzt. Standardisierung ist für die Browserhersteller anscheinend ein Fremdwort. Eine Maske, die in einem Browser gut aussieht, sieht in einem anderen ganz anders aus. Da muss man echt Abstriche in der Erwartung machen. Ich würde sagen, man beschreibt seine Maske nicht mit Befehlen, sondern man macht dem Browser eher unverbindliche Vorschläge, wie man sich das Aussehen vorstellt. Was der Browser dann daraus macht, weiß vorher keiner! Nein, im Ernst: Es geht schon, aber man muss sich gedanklich davon lösen, dass eine Maske in jedem Browser exakt gleich aussieht. Wir haben auch eine Java-Entwicklungsmannschaft für die Web-Entwicklung. Die kämpfen den ganzen Tag mir den unterschiedlichen Browsern. Für die iSeries haben wir das pragmatisch gelöst: Da wir nur interne Anwendungen schreiben, haben wir uns konzernweit auf einen Browser festgelegt. Wir testen nur in diesem Browser und fertig.

Fortsetzung folgt gleich.

Dieter

dschroeder
06-05-13, 18:06
Eben war der Editor zu Ende. Deshalb hier noch eine kurze Fortsetzung:

Inzwischen haben wir auch schon viel Arbeit in die Standardisierung unserer grafischen Masken und in die Standardisierung der Entwicklung gesteckt. Beispielsweise bietet der Visual Designer unzählige sogenannte Widgets an (Textboxen, Labels, Grids, Panels, Combo-Boxen usw.) Wenn man die im Designer einfach so auf die Maske zieht, hat man schnell ein stabiles funktionierendes Ergebnis. Aber man hat keine wirklich schöne Anwendung. Professionell sieht es erst aus, wenn man überall gleiche Farben, gleiche Schriftarten, gleiche Schriftgrößen usw. hat. Wir haben uns dafür sogenannte Custom widgets gebastelt. Das heißt, wir haben die bestehenden Widgets abgeleitet und angepasst. Wenn man erstmal weiß wie es geht, ist das nicht so schwer. Aber ich muss zugeben, dass ich das ohne die Hilfe unserer Web-Entwickler wohl nicht versucht hätte.

Überhaupt war (und ist es noch) sehr hilfreich, wenn man Entwicklerkollegen hat, die sich mit grafischen Oberflächen (insbesondere browserbasiert) auskennen. Der Unterschied zwischen einer "grafischen Anwendung" und einer "guten grafischen Anwendung" wird erst dann richtig sichtbar, wenn man beide Anwendungen gesehen hat. Es sind oft Kleinigkeiten, die viel ausmachen.

Ein weiteres echtes Problem ist bei uns noch eine mangelnde Akzeptanz der Genie-Emulation. Viele User finden Ihre Client Access Emulation viel besser als die browserbasierte Genie Emulation. Und es ist ja nun mal so, dass man erst anfängt, grafische Masken zu bauen. 99,99% der Masken sind zunächst unveränderte Greenscreen-Masken. Die sehen in Genie natürlich nicht besser aus als in Client Access. Aber für viele User ist eine Genie-Sitzung zumindest gefühlt langsamer zu bedienen als eine Client Access Sitzung. Z.B. weil es im Browser keinen Tastaturpuffer gibt.

Wie ihr vielleicht gemerkt habt, sind wir mit unserer Lösung bislang aber sehr zufrieden.

Ich habe jetzt erstmal genug geschrieben, denke ich.

Eine wichtige Frage habe ich aber doch noch: Möglicherweise gibt es hier im Forum ja weitere Teilnehmer, die Profound einsetzen. Vielleicht könnte man ja ab und zu Erfahrungen und Tipps und Tricks austauschen.

Viele Grüße,
Dieter

Logic IT-Services
06-05-13, 21:31
Hallo Dieter,

Deinen Beitrag über ProfoundUi find ich echt gut. Vor allem auch, dass Du auch die Stolpersteine der Einführung dabei erwähnst. Ich denke, vor dieser Problematik stehen alle, egal wie nun das Produkt heisst. Hier ist es halt wichtig, wie vor jedem anderem IT-Projekt, vorgängig eine sorgfältige Planung durchzuführen.

Wir haben ja schon in den Profound Foren Bekanntschaft gemacht und ich finde, Du hast eines nicht erwähnt, nämlich den schon fast unglaublichen Support, den die Jungs um Scott Klement und Alex Roytman den Anwendern zukommen lassen, wenn"s mal klemmt.

Für meinen Teil, hab ich mich genau aus diesen Gründen entschieden, ProfoundUI zu vertreten - ein innovatives Team mit hervorragendem Support, eine Lösung die vollständig auf der IBM i läuft und das zu vergleichsweise kompetitiven Kosten.

Ich wünsch Dir und Deinem Team noch viel Erfolg beim Einsatz von ProfoundUI.

Fuerchau
07-05-13, 08:16
Jetzt sollte aber mal langsam Schluss mit der Werbung hier sein :).

dschroeder
08-05-13, 10:42
Hallo Logic IT-Services,

du schreibst, wir hätten uns schon im Profound Forum kennengelernt. Unter welchem Namen bist du dort denn aktiv, wenn ich mal fragen darf? Ich war mir unseres Kennens jedenfalls nicht bewusst.

@Baldur: Werbung war auf keinen Fall meine Absicht. Ich habe auch erstmal mit mir gerungen, ob ich den Bericht schreiben sollte. Aber wir haben vor unserer Entscheidung für das Produkt selber lange gesucht und hätten uns die Erfahrungen anderer Anwender gewünscht.

@alle anderen Forumsteilnehmer:
Bisher hat sich noch keiner (aus diesem Forum) bei mir gemeldet, der auch Profound einsetzt. Falls es jemanden gibt, der an Erfahrungsaustausch interessiert ist, bitte melden. Das offizielle Profound Forum ist zwar gut, aber rein Englisch. Erfahrungen und Tipps mal schnell auf Deutsch, ggf. auch per Telefon, auszutauschen, fände ich gut.

Jetzt aber Schluss mit dem Geschwätz.:)
Dieter

wsd
08-05-13, 10:51
Hallo Zusammen,

ich finde den Erfahrungsbericht zur GUI-fizierung jedenfalls gut. Danke für die Mühe das einmal nieder zu schreiben.

Es ist auch durchaus legitim wenn jemand beim Berichten seiner Erfahrungen auch das Produkt beim Namen nennt.

Selbstverständlich kann niemand außen stehender richtig beurteilen, ob da jetzt versteckte Werbung mit dabei ist.

Ich finde es jedenfalls sehr hilfreich und informativ wenn jemandseine Erfahrungen der Allgemeinheit zur Verfügung stellt und auch
mal die Produkt unabhängigen Stolperfallen nennt, die einen bei Projekten erwarten können.

Falls man selbst dann mal mit ähnlichen Projekten konfrontiert wird, muss man ja vielleicht nicht jeden Fehler auch selbst erst einmal ausprobieren ;-)

Gruß Walter