View Full Version : Probleme in der Twinax-(Rest-)Welt
Bei den Tageshonoraren, die so ein Rudel SAPler (manche schreiben das mit Doppel-B) kostet, ist der "Mehrwert" schnell wieder verpufft. Denn dass SAP Software ohne ständiges Händchenhalten dieser Luxus-IT-Nannies flüssig läuft, ist eines der Märchen aus der IT-Welt.
Mein Kunde, bei dem die AS400 seit über zwei Jahrzehnten ihren Dienst tut, ist zwar ein kleines Unternehmen. Aber wie ich schon geschrieben habe, sind die fünf Büro-Mädels zusammen über 300 Jahre alt (echt!). Die "operaten" das System alleine, und das ohne "richtige" Schulung. Selbige bestand aus lediglich zwei Nachmittagen für die wichtigsten Knöppe, fürs Signon, und für die Erklärung, was ein Passwort ist. Achja, und dafür, wie rum eine Cartridge ins Bandlaufwerk gesteckt werden muss ...
Den Rest, also z.B. das Cleanup von Logs und Spoolfiles und ein paar Autoresponses, habe ich mit ein paar Scripten und Einstellungen erledigt. Läuft. Operatorlos. Immer.
Ich weiß, dass man so ein kleines Unternehmen nicht mit einem Konzern vergleichen kann. Aber auch solide Mittelständler springen auf das SAP-Pferd. Und das passiert meist dann, wenn ein neuer Controller oder Betriebswirt mit dem wirklich wahren IT-Wissen frisch von der Uni dort beginnt, den Dummköpfen (die bestens mit der AS400 bedient waren) mal "richtige IT" zu zeigen (z.B. Union-Tank, einfach irre, die AS400 lief super dort ...).
Ich war zwölf Jahre lang für ein italienisches Unternehmen tätig. Dort lief (und läuft) eine AS400 vom Kaliber 10 Mio. Euro. Die betreiben ein Rechenzentrum für Banken mit 20% Marktanteil in Italien. Sie liefern die Software und die Services - seit Anfang der Neunziger. Die Kiste bedient 10000 (zehntausend) Clients gleichzeitig - ohne dass man über Antwortzeiten sprechen müsste. Alles in RPG geschrieben, die Clients in dot-Net (oh Graus). Läuft aber - weil der "Server", also die i5, einfach wasserdicht ist. Kugelsicher, sozusagen. Und schnell.
Wenn die mal auf SAP switchen (kann alles passieren, weil wenns dem Esel zu wohl wird ...), erleben die ihr dunkelblaues Wunder.
Aber nicht alle lassen sich veräppeln. Segmüller z.B.: Da findet man in den Kaufhaus-Ecken hinter dem ein oder anderen Vorhang nicht nur 5250-Clients in PC-Form, sondern zuweilen sogar auch noch die guten, alten Info-Windows.
Vielleicht werde ich einfach alt.
Wahrscheinlich bin ich aber einfach (zu) alt.
Ich denke heute noch an die /34. Das war Anfang der 80er mein Einstieg in die Midrange Welt. Eine Harddisk, 64MB, 20 Kg schwer, kostete damals (in echtem Geld!) 85000 DM :-o
Hauptspeicher: 64KB. Damit bediente die /34 über 40 Arbeitsplätze (da gabs halt auch noch MRT-Programme...).
Früher war alles besser (TM).
camouflage
04-12-21, 09:45
Vielleicht werde ich einfach alt.
Wahrscheinlich bin ich aber einfach (zu) alt.
.
Auch wenn ich dir in den meisten Argumenten zustimmen kann, die AS400 ist vor 20 Jahren gestorben.
Vieles ist halt anders in den modernen Zeiten, der SW-Support kommt aus Rumänien, Werksbesuche in Sindelfingen/Böblingen gibt es auch nicht mehr, dafür bekommt man das Blech bereits für ein paar müde Euronen.
Aber keine Bange, die Mädels würden auch mit einer IBM i zu Gange kommen.
Just my 2cts. ;-)
> die AS400 ist vor 20 Jahren gestorben
Naja, ok, i-Series. i5, i, was auch immer. Ich denke, wir wissen alle was gemeint ist. Und als ein alter Sack, der noch eine /34 (und spaßeshalber auch mal eine /32) programmiert hat, ist der Name zweitrangig.
https://www.helpsystems.com/de/blog/ist-die-as400-tot
(https://www.helpsystems.com/de/blog/ist-die-as400-tot) Tatsächlich hatte ich bereits 1990 damit begonnen, mich mit der ASCII/POSIX Welt zu befassen, namentlich Linux - in allen möglichen Varianten. Und seit 2005 bin ich (fast) nur noch in der Linux-Welt unterwegs. Nicht, weil ich die AS400 etwa für tot gehalten hätte, sondern weil der Projektmarkt damals nicht mehr genug hergegeben hat. Aktuell bin ich bei der DFS in einem Projekt, und schreibe Software für Fluglotsen. Linux, C++ et. al.
Diese Welt ist sehr anders. Sie kann unendlich vieles viel besser als die AS400/i5/iSeries. Aber sie kann vieles andere eben nicht so gut, und zuweilen auch gar nicht. Wer in dieser Welt mal nach Memory-Leaks gesucht hat, oder unerklärliche Core-Dumps analysieren musste, weiß was ich meine.
Und das ist immer die große Stärke der AS400 (...) gewesen: Detailliertes Logging, Sichere Speicherverwaltung, keine verloren gegangenen Memory-Pointer usw. usf. Es ist aber leider auch genau das, was die Systeme auch einschränkt. Der ewige Zusammenhang zwischen Möglichkeiten einerseits und Fehlerquellen andererseits ist für mich nirgendwo so deutlich geworden, wie zwischen diesen beiden Welten.
Vielleicht sollte ich noch anmerken, dass ich aufgrund meiner beiden "Heimaten", nämlich EBCDIC-IBM-Midrange-RPG auf der einen Seite, und ASCII-POSIX-*ix-C-SQL-C++- auf der anderen Seite in den 12 Jahren in Italien ein Projekt geführt habe, dass nichts Geringeres als einen Umsetzer von RPG in C++ als Ziel hatte. Wir haben RPG-III und CL Programme in natives C++ übersetzt, die Architektur ist von mir.
Insgesamt konnte dieser "Transpiler" von 32 Mio Lines of Code (RPG) zum Schluss mehr als 99% korrekt übersetzen. Der Zyklus wurde ebenso realisiert wie die Gruppenwechsel, Display Files gab es auch, und sogar die Matching Record Verarbeitung funktionierte. Auch eine entsprechende Laufzeitumgebung haben wir implementiert, mit Activation Groups und allem drum und dran.
Kurioserweise hatte ich dem Kunden zu Beginn des Projektes ernstlich davon abgeraten, die AS400 in dieser Weise ersetzen zu wollen. Dennoch wollte man das unbedingt machen, also hatte ich angenommen. Es war das vielleicht spannendste Projekt meines Lebens.
Aber weil ich nun eben die tiefsten Eigenheiten der Sprache RPG, der Datenhaltung und der beteiligten Komponenten auf diese Weise kennengelernt habe, bekam ich auf z.T. schmerzliche Weise auch Kontakt mit den Unterschieden beider Architekturen.
Die AS400 (und Folgemaschinen) sind im Vergleich einfach um WELTEN überlegen, wenn es um sicheren, robusten und zuverlässigen Betrieb einer Software geht. Da hilft die ganze Smartness "moderner" Sprachen nichts. Nicht, weil die Sprachen es per se nicht könnten. Sondern weil IBM damals eben noch IBM war. Die Ingenieure haben, beginnend mit der /34, /36, /38 und schließlich der AS400, damals einfach Großartiges geleistet.
Ich arbeite gerne mit C++, Perl und all den Dingen die man eben in der Linux/POSIX Welt braucht. Aber es braucht E-wig-keiten, das auch nur halb so robust und zuverlässig zu machen, wie eben die IBM Rechner, von denen ich komme.
Nun hat ja noch keiner von so einem Projekt gehört. Die Firma hat das nie veröffentlicht, zu groß die Gefahr des Scheiterns, oder der Effekt, die Kunden zu verunsichern. Mein Vorschlag, das als Opensource Projekt ins Web zu bringen, stieß damals auf Unverständnis. Und so ist es bei einem proprietären "closed source" Projekt geblieben. Insgesamt knapp eine halbe Million Lines Of Code.
Das traurige Ende: Nachdem sich eine Bank zu über 50% in diese Aktiengesellschaft eingekauft hatte, war deren erste Maßnahme, den Vorstandvorsitzenden, seines Zeichens ein visionärer Techniker mit Intel-Hintergrund, gegen einen Banker auszutauschen. Dieser Banker hat nun aber nicht mehr unsere Arbeit gesehen, sondern nur die Kosten. Dabei waren wir im Prinzip ja fertig. Ein Jahr noch oder zwei für die Produktionsreife, mehr hätte es nicht gebraucht.
Die Firma wurde umbenannt, es gibt sie in der alten Form nicht mehr. Nur deshalb kann ich darüber überhaupt berichten.
Kurzum: Die Freiberuflerverträge wurden nicht verlängert, so verließ ich das Projekt im Januar 2019.
Mitte 2019 wurde das Projekt schließlich eingestampft.
...
Die Anfänge dieses Projektes liegen übrigens hier im Forum:
http://newsolutions.de/forum-systemi-as400-i5-iseries/threads/8701-rpg2cpp-Opensource-Entwickler-gesucht
Damals hatte ich, als Hobby-Idee, die Möglichkeit so einer Umsetzung hier diskutiert. Überzeugen konnte ich nicht.
Also hatte ich einfach angefangen, ein Konzept zu entwickeln, und einen Prototypen als Proof Of Concept implementiert. Als der dann funktionierte, verlor ich das Interesse. Denn Grundsätzlich ging es, das reichte mir. Ich stellte den Prototyp einschließlich Dokumentation also als Opensource ins Web. *)
Die Italiener, auf der Suche nach so einer Möglichkeit, kontaktierten mich darauf hin, und luden mich für eine Beratung ein. Ich riet ab.
Den Rest steht oben.
*) Die Projektseite habe ich bei Projektübernahme damals vom Web genommen, war ab da ja ein Kundenprojekt ...
Mein Fazit dieser wirklich tollen Geschichte:
Die AS/400 ist unersetzlich und nicht austauschbar egal wie viele Namen man ihr inzwischen gegeben hat.
Allein wenn ich die Stärken und Schwächen der AS/400-Datenbank (DB2/400) gegenüber SQL-Server, Oracle und Firebird (den Datenbanken, denen ich i.W. begegne) so ist die DB2/400 letztlich allen diesen DBM's weit überlegen.
Auch mit SQL-Server schaffe ich keine Abfragen mit Zeiten in Sekunden über 100Mio Sätze oder mehr.
Queries mit über 70 Verknüpfungen (Derived incl. Grouped-Derived, CTE's incl. Rekursion), OLAP-Funktionen funktionieren ausgesprochen gut. Und mit Transaktionssicherheiten á la SQL-Server (Stichwort Lockescalation) hat man aber auch gar nichts zu tun.
Im Frontend dann wieder C#-Lösungen für Windows/Web-ASPX mit DB2/400 und Batch-ILERPG kann man wirklich hervoragende Lösungen erarbeiten.
Genau so sehe ich das auch. Es ist der Unterschied wie zwischen einem Ferrari und einem LKW: Der Ferrari geht ab wie Hulle. Aber häng mal 30 Tonnen Schotter hintendran. Das kann der LKW besser. Bei einer großen, deutschen Bank [ ;-) ] in Frankfurt gabs ein File "General Ledger", das Hauptbuch also.
800 Millionen Datensätze mit Oracle/AIX und ebenso mit DB2/AS400, wir mussten beides machen. In Euro/Mips war die Hardware dabei vergleichbar.
Der Unterschied: Vorsichtig gesagt - Faktor 10. Eher Faktor 30 ...
Ich kann das nur bestätigen.
Da macht IBM mit der Vermarktung irgendwas falsch. Oder es ist ein firmenpolitisch verordneter Exitus . ..
Wir sollten aber auch die Datenbank richtig benennen!
Der aktuelle Name ist weder DB2/400 noch DB2/AS400 sondern: Db2 for i
Es hat halt schon seine Vorteile, wenn die Datenbank im Betriebssystem integriert ist!
Wie gesagt: für mich bleibt es die AS/400 mit der DB2/400;-).
Ja schon klar.
Das hier
> DB2/AS400
ist aber im o.g. Kontext zu lesen: "Oracle/AIX vs. DB2/AS400".
Aber stimmt schon, wenn schon, dann wäre natürlich "Oracle/AIX vs. DB2/OS400" exakter.
Bei mir hieß das immer DB2. In der As400 Welt weiß man doch, was gemeint ist ;-)
DB2 ist veraltet! Das ist dann zumindest Db2 (mit kleinem b!).
Außerdem gibt es 3 Db2s, Db2 for i, Db2 for LUW und Db2 for z, die nur zu ca. 90% identisch sind.
Grund ist und bleibt, dass Db2 for i im Betriebssystem integriert ist, während alle anderen Datenbanken (auch die anderen Db2s) auf dem Betriebssystem sitzen. Einiges lässt sich nun mal leichter realisieren, wenn die Datenbank unabhängig vom Betriebsystem ist, und nur das sehen die Leute. Dass man sich auf der Db2 for i um vieles nicht kümmern muss, weil es automatisch passiert, wird ignoriert (bzw. viele wissen es einfach nicht)
Es ist und bleibt aber dabei: Wir sollten endlich die neuen Namen, IBM i und Db2 for i verwenden. i.Ü. heißt die Maschine/Betriebssystem schon länger IBM i wie sie je AS/400 geheißen hat.
Wenn wir ständig die alten Namen verwenden, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass sich keiner neu mit der AS/400 (eingeführt 1988!) und allem was dazugehört, beschäftigen will. Alles was er im Internet (und auch die Entscheider machen sich da schlau) u.a. findet ist veraltet und nicht mehr zeitgemäß.
Andreas_Prouza
06-12-21, 08:10
Die 90% beziehen sich da wohl mehr auf die SQL Syntax.
Im technischen ist meiner Meinung nach Oracle und Db2 for LUW ähnlicher als Db2 LUW und Db2 for i.
Das fängt schon damit an, wie die Daten im Filesystem organisiert sind.