Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsdaten: 693.000 CDs oder 81 Millionen Aktenordner täglich

Berlin, 15. Dezember - “Dies ist ein schwarzer Tag für die deutsche Internetwirtschaft." Für Professor Michael Rotert, Vorstand der Verbands der Deutschen Internetwirtschaft eco, ist es völlig unverständlich, dass das Europäische Parlament den Pläne der EU-Kommission und des Europäischen Rates zur Vorratsdatenspeicherung trotz aller Warnungen der Wirtschaft und der Datenschutzexperten gestern in vollem Umfang zustimmen konnte.

Neben den Verbindungsdaten beim Internetzugang oder bei Voice over IP sollen bei E-Mail auch die Adressfelder "To", "CC" und "BCC" gespeichert werden, erläutert der Providervertreter. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden.

Allein bei den am Frankfurter Netzknoten DeCIX anfallenden Datenmengen rechnen die Internetzugangsanbieter damit, dass sie täglich 639.000 CDs an den Staat weiterreichen müssten. Dies entspricht ausgedruckt 81 Millionen Aktenordner. Die Bundesregierung, welche die Einigung in Brüssel mit vorangetrieben hat, wisse laut Rotert noch nicht, auf welches Spiel sie sich dabei eingelassen hat. Er hält auch eine sinnvolle Implementierung und sinnvolle Auswertung der Datenberge für unmöglich. “Es könnte interessant werden. Denn die Behörden kennen noch nicht einmal alle Provider. Zudem wäre ich gerne dabei, wenn der erste Provider seine Daten auf Anforderung ausgedruckt per Möbelwagen anliefert. Denn viele Behörden haben weder ausreichende Rechner noch Datenleitungen, die auch nur einen Bruchteil dieser Datenberge abwickeln können. Und dies obwohl nach eigenen Angaben der Polizei die bisherigen Daten für 90 Prozent aller Fälle als Ermittlungsunterstützung ausgereicht haben."

Die Mitgliedsstaaten sollen laut Richtlinie die Aufbewahrung der Informationen für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten und höchstens zwei Jahren veranlassen. Die Kosten muss der Staat den jeweiligen Telekommunikationsunternehmen nicht erstatten, wie das EU-Parlament gestern mitteilte. Dies ist einer der sehr kritischen Punkte für die Internet-Provider. Denn nach der deutlichen Absage von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble an eine Kostenerstattung rechnet Rotert daher mit Auswirkungen auf die Unternehmen: "So mancher Provider wird bald mehr auf seine Preise aufschlagen müssen als die zusätzlichen drei Prozent Mehrwertsteuer." Die sehr preis- und kostensensiblen mittelständischen Internetunternehmen, die der eco-Verband vertritt, trifft dies besonders hart.


Der eco e.V. ist der Verband der Deutschen Internetwirtschaft. Er vertritt derzeit 300 Mitgliedsunternehmen, darunter die 110 “Backbones" des deutschen Internet. Der 1995 gegründete Verband versteht sich als Sprachrohr der deutschen Internetwirtschaft: http://www.eco.de