Aktuelle Nutzung der IBM Quanten Computer

17. Januar 2022 | Von | Kategorie: Wissenschaft und Forschung

IBM Fellow, Dr. Heike Riel, Department Head Science & Technology IBM Research interviewt ein Mitglied des IBM Quantum Networks, Prof. Dr. Dr. Oliver Ambacher, Fraunhofer Institute for Applied Solid State Physics IAF, zu den Zielen und zukünftigen Ergebnissen ihres Engagements im Quanten Computing und die gemeinsame Gestaltung der Quantenzukunft mit IBM.

Bearbeitet von Isabella Pridat-Zapp

Dr. Riel

Ich freue mich heute hier zu sein und über Quanten Computing zu sprechen. Mein Name ist Heike Riel, ich arbeite für IBM Research, ich bin IBM Fellow und Leiterin der IBM Quantenforschung in Europa und Afrika.

Heute habe ich das große Vergnügen, Prof. Dr. ­Oliver Ambacher begrüßen zu dürfen. Er ist Direktor des Fraunhofer-Instituts (IAF) für Angewandte Festkörperphysik und koordiniert das Kompetenzzentrum für Quanten Computing der Fraunhofer-Gesellschaft.

Ich freue mich darauf, mit Ihnen über die große Reise zu sprechen, auf die wir uns begeben haben. Wir haben den ersten IBM Quanten Computer nach Deutschland geholt. Er steht in Ehningen, er läuft und Sie nutzen ihn. Woher kommt Ihre Begeisterung für das Quanten Computing?

Prof. Ambacher

Zunächst einmal ist es natürlich toll, dass wir zu den ersten in Europa gehören, die einen Quanten Computer haben. Ich glaube, dass es einen weiteren in Japan gibt, aber insgesamt gibt es bisher etwa 30 Quanten Computer auf der ganzen Welt und wir haben nun Zugang zu einem Quanten Computer.

Mich fasziniert besonders der Kontrast zu unserer üblichen Tätigkeit. Normalerweise schalten wir Transsistoren ein und aus, eine einwandfrei funktionierende Technologie – doch die Physik dahinter ist langweilig, nur Einsen und Nullen.
Jetzt haben wir diesen Quanten Computer, der mit Quantenzuständen und Wahrscheinlichkeiten arbeitet. Das ist deutlich schwieriger zu steuern und zu verstehen, also für einen Wissenschaftler faszinierend.

Dr. Riel

Wie sieht es aus Sicht der Fraunhofer-Gesellschaft aus, hat diese ein bestimmtes Ziel vor Augen?

Prof. Ambacher

Wir versuchen, eine Brücke von Grundlagenforschung zu Anwendungen zu schlagen. Der Quanten Computer befindet sich meiner Einschätzung nach noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Wir müssen versuchen, den Quanten Computer so zu verbessern und weiterzuentwickeln, dass er für die Gesellschaft und die Unternehmen so nützlich wird, dass ein Markt entsteht und der Quanten Computer zum deutschen Ökosystem beiträgt.

Dr. Riel

Wenn ich Sie richtig verstehe, nutzen Sie Quanten Computer für Ihre eigene Forschung, die wissenschaftliche Forschung und beispielsweise Ihre Veröffent­lichungen.

Prof. Ambacher

Genau, damit verdienen wir unser Geld, um unsere wissenschaftlichen Projekte zu finanzieren. Wir verfassen Anträge für die Ministerien um den Betrieb und die Bezahlung der Studierenden zu finanzieren, die den Computer bedienen. Das ist ein wichtiger Teil.

Dr. Riel

Ich weiss nicht wie es Ihnen ging, aber ich erinnere mich noch heute daran, als ich den Quanten Computer zum ersten Mal in Ehningen gesehen habe – das System in dem die Berechnungen alle ablaufen, das eigentliche Herzstück. Wie empfanden Sie das und wie nutzen Sie den Computer zur Zeit?

Prof. Ambacher

Im Prinzip sehen Sie ja erst mal nicht viel, wenn Sie vor dem Quanten Computer stehen. Eigentlich sehen sie einen perfekten Kühlschrank, weil die Qubits gekühlt werden müssen, um die Fehlerwahrscheinlichkeit zu senken. Im Grunde machen wir im Moment folgendes: Wir arbeiten mit unseren üblichen Laptops und übertragen von dort den Quantenbits zeilenweise Aufträge um die Quantenzustände der Qubits auf kontrollierte Weise zu verändern, oder so kontrolliert wie wir eben können.
Das sind die ersten Schritte hin zum Verstehen und Testen des Quanten Computers, um seine Performance einzuschätzen. Das sind die ersten Schritte, die wir mit dem Quanten Computer hier in Ehningen unternommen haben.

Dr. Riel

Wenn Sie, „hier in Ehningen“ sagen, dann spielen sich natürlich die eigentlichen Vorgänge im Quanten ­Prozessor hier ab. Aber Sie kommen nicht nach ­Ehningen.

Prof. Ambacher

Nein, die Studierenden sitzen alle in unterschiedlichen Universitäten, beispielsweise 15 Studierende in Freiburg, die mit den normalen Laptops auf die ­Software-Plattform Qiskit von IBM zugreifen.

IBM leitet die Studenten in dem Gebrauch der ­Software-Plattform an, damit sie den ersten Algorithmus starten und mit dem Programmieren beginnen können, um sich so mit dem Quanten Computer ­System vertraut zu machen.

Dr. Riel

Sie erwähnen, dass die Studenten zur Zeit Kurse und Vorträge erhalten. Was müssen Studierende oder andere Interessierte wissen, wenn sie einen Quanten Computer nutzen möchten?

Prof. Ambacher

Sie brauchen einen Laptop oder einen eher einfachen Computer. Dank IBM nehmen sie an einer Art Programmierkurs für die open-access Plattform Qiskit teil, um mit Qubits umgehen zu lernen. Und dann können sie loslegen.

Nach meiner Erfahrung dauert es etwa 3 Wochen, bis sie ihre ersten einfachen Programme schreiben können, die Natur der Quanten verstehen und wissen wie die Qubits reagieren. Mit der Zeit werden sie mit den praktischen Anwendungsmöglichkeiten der Qubit-Technologie immer vertrauter.
Ich würde mal sagen, dass der Einstieg relativ einfach ist, weil IBM ein perfektes frei zugängliches Selbstlernsystem mit Links zur Verfügung stellt. Wenn jemand in Deutschland Probleme bei den ersten Schritten hat, helfen wir.
Fraunhofer übernimmt eine Art Administrator/­Koordinator-Funktion – ein Anruf genügt. Bisher konnten wir das Ganze für alle Kunden innerhalb von einigen Wochen zum Laufen bringen.

Auch die frühen Veröffentlichungen der IBM helfen den Studenten sehr. Denn dort beginnen sie beispielsweise mit der Simulation von Lithium-Wasserstoff-Verbindungen, um nachzuvollziehen, was IBM vor ein paar Jahren gemacht hat.
Sie können die selben Algorithmen eingeben, die gleiche Programmierung und dann die Ergebnisse vergleichen. Wie wir wissen, verhält sich ein Quanten Computer nicht jeden Tag ganz genau gleich. Es gibt kleine Änderungen im System und in der Performance des Systems.

Mit den so gewonnen Erfahrungswerten können wir beurteilen, wie zuverlässig das System arbeitet – die Hardware und auch die Software die wir via Laptop ansteuern. Aber es gibt auch einen Teil der Software, der die Aufgabe hat mit den „Fehlern“ des Quanten Computers umzugehen. Den müssen wir kennen.

Und wenn die Industrie uns fragt, was der Quanten Computer wirklich kann, welche Vorteile er hat, welche Risiken es gibt und wie er sich von den Computern die wir kennen unterscheidet, dann müssen wir den Kunden diese Auskünfte geben können. So wissen sie, welche Performance sie erwarten können und so können sie auch die richtigen Fragen zum Quanten Computer stellen.

Dr. Riel

Diese Informationen sind für mich super interessant. Vor 5 Jahren zogen wir mit dem ersten Quanten ­Computer in die Cloud. Vorher lief es ganz anders, damals musste man Physiker sein, um mit dem Quanten Computer kommunizieren und mit ihm arbeiten zu können.

Als wir das System öffneten, mussten wir zügig ­damit loslegen, die Software zu entwickeln. Das hat sich gelohnt, denn wie Sie beschreiben, ist es jetzt ­wesentlich einfacher.

Prof. Ambacher

Ja, wir haben Studierende vieler Fächer, auch aus der Biologie, Chemie, Physik oder dem Ingenieurwesen. Aber nicht nur an den Universitäten sitzen Interessierte, auch in den Unternehmen arbeiten sich die Leute ein.

Die Unternehmen haben gesagt, „Sie sind doch jung, gucken Sie sich das an, finden sie heraus, was Quanten Computer für uns tun können.“ So entsteht eine richtige Community aus vielen jungen Menschen, die sich immer intensiver damit befassen, wie unser Quanten Computer funktioniert und die damit arbeiten.

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