Wenn das Web sich selbst bedient

12. November 2008 | Von | Kategorie: Hochverfügbarkeit, Programmierung

Der Wirbel um Web Services ist kein Zufall. Anders als andere Hypes hat die Idee der (über alle System-, Firmen- und geographischen Grenzen hinweg) austauschbaren Softwarebausteine das Potential, Geschäftsprozesse nachhaltig zu verändern. Web Services und die zugrunde liegenden Technologien wie SOAP und XML bieten sich überall dort an, wo über Systemgrenzen hinweg ein reibungsloser und „automatisierter“ Datenaustausch notwendig ist.


Vor- und Nachteile von Web Services, technische Möglichkeiten und Grenzen in der aktuellen Diskussion

von Thomas Braun

Über den Autor

Thomas Braun ist Director Business Development & Marketing bei der Magic Software Enterprises (Deutschland) GmbH und zu erreichen unter thomas_braun@magicsoftware.com

Und das ist immer dann der Fall, wenn Unternehmen Informationen intern oder mit Kunden und Lieferanten im Rahmen des Produktions-, Vertriebs- oder Dienstleistungsprozesses austauschen müssen. Also immer öfter. Für die schnelle Verbreitung von Web Services sorgt außerdem die Tatsache, dass fast alle „Großen“ der Softwarebranche das Modell unterstützen. Sei es Microsoft, das Web Services als Grundlage seines .NET nutzt oder seien es IBM, Oracle, Sun oder BEA, die sich trotz der momentan noch vorhandenen Lücken in Spezifikation und Sicherheit für Web Services stark machen. Magic Software Enterprises hat die Vorteile von Web Services früh erkannt und bereits Ende 2001 eine Version des Entwicklungstools eDeveloper zur Verfügung gestellt, die Web Services, XML und SOAP unterstützte und die jetzt auch in der Integrationssuite iBOLT für die schnelle und flexible Integration von Anwendungen oder Prozessen sorgt.

PaperCamera2012-08-22-17-09-51Das Konzept hinter Web Services

Web Services sind Logik- oder Datenkomponenten, die ihre Funktionalität über eine veröffentlichte Schnittstelle anbieten und auf die über Web (HTTP) mit Hilfe von offenen Standardprotokollen zugegriffen wird. Web Services sind in sich geschlossene, selbst-beschreibende, modulare Applikationen, die über das Web veröffentlicht, angesprochen und dann aufgerufen werden können. Mit ihnen lassen sich sowohl einfache Anfragen als auch komplexe Geschäftsprozesse ohne aufwendige Implementierung ausführen. Der Einsatz von Web Services verspricht Interoperabilität, da Softwaresysteme durch den Einsatz von XML in derselben Sprache und über identische Protokolle kommunizieren. Damit sind Web Services auch die Schlüsseltechnologie hinter der Anwendungsintegration, indem sie Anwendungen den gemeinsamen Zugriff auf Daten, Services und Codes erleichtern. Daten, die von einer Web Service Applikation zur Verfügung gestellt werden, können von jeder anderen genutzt werden. So kann man in sich geschlossene Anwendungen (einer oder mehrerer Firmen) integrieren und zu einem kompletten Geschäftsprozess verbinden. Web Services funktionieren in beide Richtungen: Anwendungen oder Datenbanken können sowohl Anbieter als auch Konsument eines Dienstes sein. Im ersten Fall steckt die Programmlogik in der Anwendung und soll als Web Service von außen zugänglich sein. Fungiert eine Anwendung als Konsument, holt sich der Prozess Daten aus einem anderen Programm via XML-RPC oder SOAP ab. So lassen sich beispielsweise sich permanent ändernde Daten aus einer Datenbankanwendung abfragen und eventuell vorab definierte Ereignisse auslösen. Magic eDeveloper und iBOLT unterstützen sowohl die Erstellung als auch den Abruf von Web Services im Rahmen der vom W3C (World Wide Web Consortium) definierten Standards.

Alter Wein in neuen Schläuchen?

Die Methodik hinter Web Services ist nicht neu. Die Idee des geteilten oder gemeinsamen Zugriffs auf Anwendungen oder Prozesse (ASP) existiert schon seit einigen Jahren im Zuge des Ansatzes der verteilten Anwendungen (CORBA, COM). Die Wieder- und Weiterverwendung existierender Services, unabhängig von der Infrastruktur des Unternehmens, wird aber erst durch den Einsatz der Web-Technologien und der Standardprotokolle möglich. Nur deshalb sind Web Services der entscheidende Schritt auf dem Weg zum Aufbau verteilter Anwendungen, indem sie die althergebrachte komponentenbasierte Entwicklungsmethodik mit den neuen Möglichkeiten des Webs verbinden.

Faszination in der Idee, Tücke im Detail

Die Nutzen- und Anwendungspotentiale der Web Services Technologie sind hoch, sie schaffen neue Geschäftsmodelle, Wirtschafts- und Kooperationsweisen. Aus dieser Business-Perspektive erschließt sich die Idee und Faszination von Web Services. Sie bieten eine ganz neue Annäherungsweise, um mit Applikationen und/oder Geschäftsprozessen umzugehen. Softwarekomponenten können über Internet-Standards von anderen Softwarekomponenten genutzt werden und sind wie in einem Baukastenprinzip flexibel kombinierbar. Spinnt man diesen Gedanken weiter, lassen sich Prozesse genau dort abwickeln, wo sich das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis bietet und Daten sich genau dort und dann abfragen lassen, wo und wann sie entstehen bzw. relevant sind. Die klassische Wertschöpfungskette von Unternehmen löst sich auf und wird zu einem globalen Wertschöpfungsnetzwerk, in dem Leistungen flexibel angeboten und angefragt werden. Zunehmend werden nicht nur Waren und Daten sondern ganze Geschäftsprozesse ausgetauscht. Soweit die Vision.

  • Die funktionelle Sicht auf Web Services in der aktuellen Diskussion
  • Web Services im Unternehmenseinsatz
  • Web Services und Anwendungsintegration
  • Live-Test: in drei Minuten zum Web Services Client
  • .Net und J2EE
  • Wo sind die Schwächen, wie sieht die Zukunft von Web Services aus?

Die funktionelle Sicht, darauf beschränkt sich die aktuelle kontroverse Diskussion, zeigt noch deutliche Lücken. Web Services sind eben nicht nur Softwarepakete, die sich von der Stange kaufen und implementieren lassen. Voraussetzung für das vollständige Funktionieren der Modelle und Ideen und damit für den Erfolg von Web Services sind Vereinbarungen, Kern-Definitionen und Standards, an denen es momentan noch fehlt. Wie schon oft sind es die unterschiedlichen Interessen der Anbieter, die zu Konflikten führen und den Standardisierungsprozess verlangsamen. So sind z.B. die von einem Tool erzeugten WSDL-Beschreibungen nicht immer kompatibel zu den SOAP-Nachrichten eines anderen Tools. Außerdem verhindern fehlende Sicherheitsmechanismen der Internet-weit angebotenen Services die unternehmensübergreifende Nutzung. Derzeit macht sich eine Reihe von Standardisierungs-Gremien dafür stark, diese Mängel zu beheben. W3C (World Wide Web Consortium), WS-I (Web Services Interoperability Organization) und die Liberty Alliance stehen hinter der Akzeptanz von Web Services. Die von diesen Gremien entwickelten Vereinbarungen über UDDI, WSDL und SOAP sind bereits jetzt ausreichend, um die grundsätzlichen Modelle hinter Web Services nutzbar zu machen. Allerdings: Der frühe Hype um Web Services betonte vor allem die faszinierenden Einsatzmöglichkeiten über Unternehmensgrenzen hinweg. Dieser „World-Wide-Vision“ stehen durch die oben erwähnten Konflikte noch eine Reihe von Hinderungsgründen im Weg, so dass Web Services momentan vor allem in „kleinen“, Unternehmens- oder System-begrenzten Lösungen eingesetzt werden. Hier können sie natürlich niemals die volle Bandbreite ihres Könnens einbringen, bieten aber trotzdem eine Reihe von Vorteilen.

Web Services im Unternehmenseinsatz

Schnelligkeit, Flexibilität und die Möglichkeit zur ad-hoc Anpassung an Marktveränderungen sind kostenrelevant für Unternehmen und damit wichtige Gründe für den Einsatz von Web Services in der Unternehmens-IT. Unternehmen können mit Web Services ein hohes Maß an Reaktionsfähigkeit erlangen, die Komplexität von Anwendungsentwicklung reduziert sich durch Anwendungs-übergreifende Kommunikation. Web Services vereinfachen auch den unternehmensweiten Zugriff auf Anwendungen und machen darüber hinaus die Anbindung von Niederlassungen, Lieferanten oder Partnern möglich. Auf dem Weg zum Echtzeit-Unternehmen sind Web Services ein Beispiel für die Modernisierung traditioneller IT-Architekturen hin zu Service-orientierten Architekturen (SOA).

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