Internet und eBusiness Einsatz im Mittelstand
von Ulrike Voigt
„eBusiness paßt nicht zu unserem Unternehmen“ oder „Die Kundenakzeptanz ist mangelhaft“ oder „Der Kostenaufwand ist zu hoch“ sind typische Argumente, die mittelständische Unternehmen gegen einen Einsatz von eBusiness ins Feld führen. Mangelndes Wissen über neue Technologien und fehlendes Mitarbeiter-Know-how runden das Bild des „uninformierten“ Mittelstands ab. Dieses enttäuschende Fazit zieht eine Untersuchung der TechConsult, Kassel, im Auftrag der Zeitschrift Impulse und IBM, die 1.352 kleine und mittelständische Firmen zum eBusiness-Einsatz befragte.
Die Prognosen der Marktauguren für die eBusiness-Entwicklung überschlagen sich mit wiederkehrender Regelmäßigkeit – und mit der Feststellung, daß der Mittelstand daran nur geringen Anteil haben wird. Auch Andrew Bartels, Vizepräsident des renommierten Marktforschungsinstituts Giga Information Group, spricht von einem „Alarmsignal für den Mittelstand“. Die Ergebnisse decken sich mit Untersuchungen des europäischen Spitzenverbandes für elektronischen Handel, Electronic Commerce Europe (ECE) Association in Brüssel, und des Verbandes der deutschen Internet-Wirtschaft, eco Electronic Commerce Forum e.V. in Köln. „Wenn der Mittelstand nicht bald die enormen Chancen des elektronischen Geschäftsverkehrs erkennt, sind Tausende von Arbeitsplätzen in Gefahr“, bringt Harald A. Summa, Geschäftsführer bei eco und Vice President der Electronic Commerce Europe (ECE) Association die Auswirkungen der Passivität warnend auf den Punkt. „Allein in Europa sind rund 80 Millionen Menschen, etwa 60 Prozent aller Beschäftigten, in mittelständischen Unternehmen tätig. Gerade Deutschland kann es sich nicht leisten, dieses Arbeitsmarktpotential zu gefährden.“Dabei lohnt sich das Engagement für Unternehmen, die den Schritt ins elektronische Geschäft gewagt haben, durchaus: Immerhin 72 Prozent der eBusiness betreibenden Unternehmen im Mittelstand können bereits auf erkennbare Umsatzsteigerungen zurückblicken. Hinzu kommen eine Reduzierung der Vertriebskosten und eine kostengünstigere Zahlungsabwicklung. Zwar werden derzeit nur etwa zwei Prozent des Umsatzes mittels eBusiness erzielt – das soll sich aber deutlich ändern: Für das Jahr 2003 prognostizieren die befragten Unternehmen einen Anteil von 18 Prozent am Gesamtumsatz.
Woran hapert´s ?
Woran hapert´s also beim großen Business mit dem kleinen „e“? Der meistgenannte Hauptgrund für das Zögern wirft kein schmeichelhaftes Licht auf den Mittelstand: Generelle Vorbehalte und Mißtrauen gegenüber neuen Technologien lassen die Unternehmen in konventionellen Abläufen verharren. Ein gutes Drittel ist der Ansicht, das elektronische Geschäft „passe nicht zum Unternehmen“. Fast ebenso viele glauben an mangelnde Kundenakzeptanz, scheuen die hohen Kosten und zeichnen sich durch fehlendes Know-how aus. Mit dieser Realität haben auch Anbieter von eBusiness-Lösungen wie die inTouch GmbH aus Bad Homburg zu kämpfen. „Wir haben viele größere Unternehmen als Kunden, aber kaum jemanden aus dem Mittelstand“, erzählt Geschäftsführer Frank-Michael Welsch-Lehmann. „Die Unternehmen scheuen die hohen Investitionen. Es ist sehr schwer, ihnen begreiflich zu machen, daß es sich hierbei um eine strategische Investition handelt. Wenn der Mittelstand das nicht versteht, wird er in Zukunft echte Probleme bekommen.“
Und es geht doch
Dabei gibt es genug erfolgreiche Firmen, die schon kräftig e-Früchte ernten. Einer der eBusiness-Pioniere im Mittelstand ist die transtec AG in Tübingen. Der Systemhersteller mit europaweitem Direktvertrieb, seit letztem Jahr am Neuen Markt notiert, macht brillant vor, wie eBusiness im Mittelstand geht. Electronic Business ist bei dem Anbieter von maßgeschneiderten Rechnersystemen und Speicherlösungen zentraler Bestandteil der Verkaufsstrategie. Aktuelle Daten, z.B. Über die rund 7.000 Produkte, sind rund um die Uhr im Internet abrufbar. Kunden mit einem Paßwort können viele weitere Infos z.B. über Sonderkonditionen abfragen.
Die „gläserne Logistik“ und „gläserne Produktion“ erlauben dem Kunden, den gesamten Weg seiner Bestellung in Real-time mitzuverfolgen: Von der Auftragserteilung über die Fertigung bis hin zum Versand. Ein abgespeichertes Paketbild macht es möglich, sich über den UPS-Barcode in den Rechner des Paketdienstes einzuklinken, um zu sehen, wo sich das Paket gerade befindet. Das neueste Konzept, das sich derzeit in der Realisierungsphase befindet, heißt Virtual Warehouse. Mit mehreren Partnern/Lieferanten, deren Peripherieprodukte das Tübinger Unternehmen vertreibt, wird ein virtuelles europaweites Lager aufgebaut. Klickt ein Kunde ein solches Produkt auf der transtec-Seite an, gelangt er – ohne es zu merken – auf den Rechner des Partners/Lieferanten, wo seine Bestellung weiterbearbeitet wird. Das bedeutet für alle Seiten weniger Verwaltungsaufwand und für den Kunden schnellere Lieferzeiten. Die Rechnung des eBusiness-Engagements geht für transtec auf. „Einfache Routinearbeiten werden durch eBusiness schneller und billiger“, bestätigt Firmengründer und Vorstandsvorsitzender Bernhard Bruscha. „Zudem sind durch den Internet-Einsatz jede Menge Verkäuferkapazitäten für kreatives Verkaufen frei geworden.“ Im letzen Quartal gab es 8,18 Millionen Zugriffe auf die Homepage des Computersellers. Das sind fast 100.000 Zugriffe pro Tag, Tendenz steigend. Über zehn Prozent Umsatz (von insgesamt 279 Millionen Mark in 1998) machen die 265 Mitarbeiter mit lupenreinem eBusiness. Um die Hälfte gar bewegt sich der Prozentsatz der über das Internet generierten Verkäufe.
Wettbewerbschancen nutzen
Rund 14 Prozent der befragten Unternehmen im Mittelstand engagieren sich bereits im elektronischen Geschäft. Vor allem der Gewinn neuer Wettbewerbschancen bewog die Unternehmen zu dieser Entscheidung. Ein positives Firmenimage, bessere Kommunikation mit Kunden und Zulieferern, höhere Kundenbindung und -orientierung sowie die Nutzung eines zusätzlichen Vertriebskanals schlagen ebenfalls positiv zu Buche. Allerdings wird vor allem der Handel durch Kunden und Wettbewerber mehr oder weniger zum eBusiness „gezwungen“. Das elektronische Geschäft ist zu einem echten Wettbewerbsfaktor avanciert. Im Handel ist mittlerweile vielen klar geworden, daß wer jetzt nicht beginnt seine Geschäftsabläufe umzustellen, irgendwann im globalen Wettlauf abgehängt wird. Phänomen Internet-Auftritt: Zwar besitzen weit über die Hälfte der mittelständischen Unternehmen (61 Prozent) eine eigene Web-Site, aber nur die Hälfte plant eBusiness oder hat dies bereits realisiert. Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Es reicht nicht aus, nur seinen Bestellkatalog im Web zu präsentieren. Denn mit der Bestellung im Internet fangen die Probleme erst an: Eingehende e-Mails müssen beantwortet, Kundenanfragen betreut werden, und die Logistik muß für einen reibungslosen Transport der Ware sorgen. Damit der Kunde nicht das letzte Mal im Internet bestellt hat, ist ein funktionierendes Vertriebs- und Servicenetz zwingend notwendig. Negativbeispiele gibt es genug: Da kommen Antworten auf eMails verzögert oder gar nicht. Die Lieferung nimmt Wochen in Anspruch, bis sich der entnervte Kunde von der Web-Site verabschiedet. Im Handel hat sich die Situation inzwischen schon gebessert, viele Anbieter versprechen Lieferungen innerhalb weniger Tage und halten dies auch häufig ein. Aber immer noch gilt: Steckt hinter dem Web-Auftritt keine durchdachte eBusiness-Strategie, schadet die halbherzige Aktion eher dem Firmenimage und die Investition verpufft.
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